Gutmensch versus Bad Cop – oder: Brauchen wir eigentlich immer ein Feindbild?
- Seebee
- 27. Sept. 2023
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 9. Juni 2024

Solche Plakate zieren jeden der ca. zehn Eingänge des Görlis und stehen stellvertretend für all die Leute auf der anderen Seite des Parks (Wrangelkiez – wir hier sind der Reichenberger Kiez), denen das Herz aufgeht, wenn die armen, nicht asylberechtigten Flüchtlinge aus Afrika ihren Tag gemeinsam im Park verbringen, mit herzhaftem Appetit ein afrikanisches Gericht von einem der Schnellimbisse rund um den Park aus einer Styroporverpackung verdrücken und dazu zu afrikanischen Rhythmen oder Reggae aus einer Boombox mit den Füßen wippen. Und ebenso sehr blutet ihr mitfühlendes Herz, wenn die Jungs ihre nur halbaufgegessene Plastikverpackung achtlos auf den Boden fallen lassen, weil sich mit dem Polizeiauto, das sich behutsam einen Weg durch die Spaziergänger bahnt, auch nur noch ein Signal durch ihre Hirnwindungen bahnt: „Weg – und das ganz schnell!“
Böses, menschenverachtendes Racial Profiling nennen sie das und jetzt kann man sich natürlich die Frage stellen, ob die schwarzen Jungs, die hier Tag für Tag 10 – 12 Stunden an den Parkwegen stehen, hin und wieder in den Büschen verschwinden, jeden Passanten, der keinen Schwangerschaftsbauch oder einen Kinderwagen vor sich herschiebt, freundlich fragen, ob es ihm gut geht oder er etwas braucht, das wirklich verdient haben. Und auch die, die ganz zielstrebig von den Junkies angesprochen werden, sind doch eigentlich gute Samariter, die der armen suchtgepeinigten Seele wenigstens für kurze Zeit zu etwas Erleichterung verhelfen.
Wie viele hinter den Plakaten stehen kann und will ich nicht mutmaßen. Aber ich nehme an, es sind deutlich weniger als die, die es nur kopfschüttelnd lesen.
Das sind die, denen abends (oder manchmal auch tagsüber) ihr Herz vor Unsicherheit heftig klopft, wenn sie auf ihrer Türschwelle drei, vier leicht aggressive, weil gerade bei der Zubereitung ihrer Spritze oder ihrer Crackpfeife gestörte Menschen antreffen. Denn wenn die dem müden Heimkehrer jetzt Platz machen, laufen sie Gefahr etwas von dem kostbaren Stoff durch eine unbedachte Bewegung der Mutter Erde zu opfern. Ihr gieriges Suchtgehirn kann also gar nicht anders, als die Beute mit allem zu verteidigen, was sie noch besitzen: ihre Mimik, ihre Gestik, ihre Stimme.
Da ist dann der ein oder andere, der gerne in seine Wohnung will, sich aber nicht traut, ganz froh, dass es eine Nummer gibt, bei der einer ran geht und dann auch noch potentiell in wenigen Minuten mit einem eindrucksvollen blauen Flackerlicht auftaucht und wie Superman den Hauseingang von den Menschen befreit, die dem zaghaften „Bitte, lasst mich mal durch“ nicht nachkommen wollten oder konnten.
Ebenso ist es in Nächten, in denen die lauten, aggressiven Stimmen, die sich in der beständigen Angst zu kurz zu kommen, gar nicht mehr beruhigen können. Oder auch wenn sie, egal zu welcher Zeit, völlig die Kontrolle verlieren und alles zerstören wollen, was ihnen bedrohlich erscheint – die Flasche vor ihnen, die Autos am Straßenrand, die „Kumpels“ neben ihnen oder sich selbst. Und bei all diesen Dingen, die ich selbst schon erlebt habe, war ich froh, dass ich immer dann, wenn ich merkte, dass ich mit meinen Worten nicht mehr durchdrang, diese Nummer wählen konnte.
Es ist mir bewusst, dass in unserer Polizei durchaus rechte Tendenzen zu sehen sind. Angesichts der steigenden rechten Tendenzen in unserer Bevölkerung - in einigen Bundesländern würden zumindest bei Umfragen bereits mehr als 30% bei der AFD ihr Kreuzlein machen - scheint mir das zunehmend doch nur ein Spiegel der Gesellschaft.
Und ebenso ist mir bewusst, dass Kriege ebenso wie die krasse Schere zwischen Arm und Reich, machtvoll und machtlos eine gnadenlose Hoffnungslosigkeit in der Welt verbreiten, deren einziger Ausweg die Flucht aus der eigenen Not in das vermeintliche Schlaraffenland zu sein scheint. Leider gibt es dieses Schlaraffenland nirgendwo! Doch jeder, der bei uns in Deutschland aufgewachsen ist, kann sich glücklich schätzen, dass er von den Maschen des sozialen und rechtlichen Netzes zumindest soweit aufgefangen wird, dass Verhungern, Verdursten, Erfrieren, Folter, Sterben mangels ärztlicher Versorgung oder durch eine Gewehrkugel, eine Mine, eine Drohne oder eine Bombe wahrscheinlichkeitstechnisch im Promillebereich liegt.
Und ja, das ist bei den Menschen, die in unser Land wollen, nicht so. Und nein, das gibt ihnen nicht das Recht in unserem Land Gesetze und Respekt gegenüber anderen mit Füßen zu treten.
Und ja, öffentliche Einsatzkräfte sind immer häufiger mit Übergriffen konfrontiert, die jedweder logischen Grundlage entbehren. Und nein, es gibt ihnen nicht das Recht willkürlich die Staatsgewalt anzuwenden.
Und NEIN – ich habe es in beiden Gruppen nicht als Massenphänomen erlebt, sondern als Einzelfall. Auch wenn es das im jeweiligen Fall nicht besser macht.
Eine meiner Freundinnen aus Studientagen ist mittlerweile auch relativ weit rechts abgedriftet und lässt ihre Facebook-Freunde regelmäßig an Posts öffentlich bekennender AFD-Propagandisten teilhaben. Da ist der Flüchtling aus Schwarzafrika per se nicht nur ungebildet, sondern auch nur auf Sozialleistungen und das Betatschen weißer Frauen aus. Der aus Nordafrika ist vielleicht nicht ganz so dumm, aber auch nur an letzteren beiden Dingen interessiert. Wer aus der arabischen Welt kommt, will ohnehin nur seine drei bis fünf Frauen mitbringen und als Pascha Zuhause gemütlich auf der Couch liegen und vom Kindergeld der vielköpfigen Schar leben.
Allen gemeinsam ist mangelnder Integrationswille, Unterdrückung der Frau, gelebte Respektlosigkeit gegenüber der deutschen Bevölkerung und die Eigenschaft, ihre Konflikte mit körperlicher Gewalt zu lösen…
Früher habe ich, wenn ich mich auf einer dieser Seiten, die sie postet, mich noch mit Kommentaren eingemischt. Musste aber schnell erkennen, dass das in einer eingeschworenen Community, in der sich die Mitglieder gegenseitig mit Beispielen übertrumpfen, welche Straftaten die Flüchtlingsmischpoke gerade wieder begangen hat, wie sehr die Regierung (vor allem die Grünen) diesen Schmarotzern alles in den Arsch schiebt und wie sie die guten Deutschen zu geld- und machtlosem Stimmvieh degradiert, nur geringe Aussichten hat, überhaupt gelesen zu werden.
Heute verbiete ich mir eigentlich das Lesen ihrer Posts – tue es dann aber doch wider besseren Wissens - und dann explodiert in mir ein roter Wutballon...
Dabei sind weder sie noch ihr Mann schlechte Menschen und es ist auch nicht so, dass es in ihrem Freundeskreis nur noch rechte Menschen gibt. Im Gegenteil! Vermutlich gelingt es ihnen nur besser als mir die Posts zu ignorieren und sie vermeiden – ebenso wie ich – jegliches Gespräch mit ihr über Politik.
Vielleicht sollten wir uns alle darin üben weniger zu pauschalisieren und ein Bauchgefühl dafür entwickeln, wer uns gerade warum nicht guttut. Ich glaube das hilft gegen die erdrückende Übermacht, die das pauschale Feindbild haben kann...


